Weniger bekannt als Colmar, diese elsässische Stadt von 9328 Einwohnern versteckt Bugattis Geburtsort

In der Morgensonne sitze ich auf der Terrasse der Brasserie L’Arbre Vert in Molsheim. Die Glocken der Jesuitenkirche läuten 9 Uhr, während ich einen duftenden Café crème und knuspriges Pain au chocolat genieße. Mit 9.328 Einwohnern erscheint diese elsässische Stadt winzig, besonders wenn man weiß, dass hier der weltberühmte Bugatti-Konzern geboren wurde. Diese 10,85 Quadratkilometer große Gemeinde, nur 11 Kilometer von Straßburg entfernt, beherbergt ein faszinierendes Geheimnis: den perfekten Kontrast zwischen mittelalterlicher Kartäuser-Stille und dem kraftvollen Erbe von Hochleistungsmotoren.

Der 9.328-Einwohner-Kontrast: Wo Kartäuser-Stille auf Bugatti-Kraft trifft

Während ich durch die kopfsteingepflasterten Gassen schlendere, fällt mir sofort auf, dass über 60% der Innenstadt unter Denkmalschutz stehen. Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert säumen die Straßen, als wäre die Zeit stehengeblieben. Besonders beeindruckend ist La Metzig, ein Renaissance-Gebäude von 1525, das ursprünglich als Metzgerinnungshaus diente.

Der Weg führt mich zur Kartause, einem ehemaligen Klostergebäude, das heute das Bugatti-Museum beherbergt. Hier, wo einst Mönche in absoluter Stille lebten, stehen nun Automobile mit bis zu 1.500 PS. Während Ratingen mit Europas ältester Fabrik die Industriegeschichte des 18. Jahrhunderts verkörpert, repräsentiert Molsheim den Höhepunkt der Automobilentwicklung des 20. Jahrhunderts.

Die Stille im Museum ist fast greifbar. In einem Raum, der früher für Gebete genutzt wurde, steht jetzt ein glänzender Bugatti Type 35 – ein Rennwagen, der in den 1920er Jahren mehr als 2.000 Rennen gewann. Die Ironie dieser Kombination – kontemplative Stille und rasende Geschwindigkeit – könnte nicht faszinierender sein.

Molsheim vs. Modena: Warum Autoliebhaber diesen französischen Geheimtipp 2025 entdecken

Viele Autoenthusiasten pilgern nach Modena, Italien, um die Heimat von Ferrari zu besuchen. Doch Molsheim bietet eine ähnliche Erfahrung ohne die Touristenmassen. Die technische Präzision der Bugatti-Ingenieure erinnert an die wissenschaftliche Tradition in Jena, wo Goethes Mikroskop-Labor deutsche Ingenieurskunst begründete.

„In Molsheim spürt man die Seele von Bugatti in jeder Ecke. Die Stille der Kartause vermittelt genau die Konzentration, die für die Schaffung solcher Meisterwerke nötig war. Es ist ein Ort, wo Vergangenheit und Zukunft verschmelzen.“

Im Gegensatz zu Colmar, das jährlich von Millionen Touristen besucht wird, bleibt Molsheim authentisch und unentdeckt. Ähnlich wie Bad Elster mit seiner erhaltenen königlichen Kurarchitektur bewahrt Molsheim sein historisches Erbe, jedoch mit dem Fokus auf Automobilgeschichte statt Gesundheitstourismus.

Zwischen Wein und Motoren: Das vergessene Erbe von Grand Cru Bruderthal

Nach meinem Museumsbesuch entdecke ich, dass Molsheim mehr als nur Autos zu bieten hat. Die Stadt liegt am Rand des Breuchthal-Tals, wo der Grand Cru Bruderthal angebaut wird – ein exquisiter Wein, der selbst mit Deutschlands mediterranstem Weinparadies in Radebeul konkurrieren kann.

Im Domaine Boehler, einem familiengeführten Weingut mit 4,9 von 5 Sternen auf TripAdvisor, erklärt mir der Winzer, dass die einzigartige Kombination aus Mikroklima und Boden dem Wein seine besondere Note verleiht. Die Degustation eines 2019er Riesling offenbart Noten von Zitrusfrüchten und Mineralien – perfekt, um die Geschmacksknospen nach einem Tag voller Automobilgeschichte zu erfrischen.

Der perfekte 48-Stunden-Besuch: Kloster, Bugatti und Cox Show 2025

Für Besucher im Sommer 2025 ist die Cox Show ein absolutes Muss – ein Festival mit über 700 VW-Käfern, das Molsheim in ein buntes Meer aus Vintage-Autos verwandelt. Im Gegensatz zu Chamonix mit seinen 5 Millionen jährlichen Besuchern bietet Molsheim eine entspanntere Atmosphäre für Kulturreisende und Automobilliebhaber.

Der beste Zeitpunkt für einen Besuch ist der frühe Morgen, wenn das Licht die Fachwerkhäuser in goldenes Licht taucht und die Touristengruppen noch nicht eingetroffen sind. Parken Sie kostenlos am Place de la Liberté und erkunden Sie die Stadt zu Fuß. Die 15 Stunden und 54 Minuten Tageslicht im Juni ermöglichen ausgedehnte Erkundungen.

Als ich Sarah die Fotos vom Bugatti-Museum zeige, erinnert sie mich daran, wie unsere Tochter Emma vor zwei Jahren im Technikmuseum in München vor Ehrfurcht erstarrte. Hier in Molsheim würde sie die perfekte Balance zwischen Geschichte und Innovation erleben – wie ein gut abgestimmter Motor, der sowohl kraftvoll als auch präzise läuft. In dieser kleinen elsässischen Stadt habe ich ein wahres Juwel entdeckt, das darauf wartet, von denjenigen erkundet zu werden, die das Außergewöhnliche im Verborgenen zu schätzen wissen.