Dieses isländische Dorf von 100 Einwohnern versteckt spektakuläre Basaltsäulen und eine Trolllegende

Ich spüre die unheimliche Stille, als ich am Rand von Arnarstapi stehe, 100 Meter vom kleinen Fischerhafen entfernt. Vor mir erstreckt sich eine dramatische Küstenlandschaft mit zerklüfteten Basaltsäulen, die wie steinerne Wächter ins Meer ragen. Mit weniger als 100 Einwohnern wirkt dieses winzige isländische Dorf fast verlassen – bis auf die vereinzelten Besucher, die wie ich den 2,5 Kilometer langen Küstenpfad erkunden. Ich bin an der Westküste Islands, auf der Snæfellsnes-Halbinsel, wo die Legende eines halbmenschlichen Trolls namens Bárður noch lebendig ist – und seine monumentale Statue mich am Strand begrüßt.

Islands geheimste Basaltküste: Wo ein legendärer Halbgott über vulkanische Felsbögen wacht

Arnarstapi fühlt sich wie ein gutgehütetes Geheimnis an. Während Vík im Süden Islands täglich von Touristen überlaufen wird, bleibt dieser Küstenabschnitt überraschend ruhig. Sarah macht Fotos von der beeindruckenden Gatklettur-Formation – einem natürlichen Felsbogen, der sich über dem Atlantik erhebt und beweist, dass die Natur die beeindruckendste Architektin ist.

Diese Küste ist geprägt von schwarzen Basaltsäulen, die vor Jahrtausenden durch erkaltende Lava entstanden sind. Anders als bei vergleichbaren Formationen in der Schweiz mit ihren künstlichen Hängebrücken, hat hier ausschließlich die Natur diese geometrisch perfekten Säulen geformt.

Der Pfad zwischen Arnarstapi und dem Nachbardorf Hellnar führt durch eine Landschaft, die direkt aus einem nordischen Märchen stammen könnte. Tausende Seevögel nisten in den Klippen, darunter arktische Seeschwalben, deren Kolonien im Sommer besonders aktiv sind. Ihr Ruf hallt von den Felswänden wider, während unter uns die Wellen gegen schwarze Lavafelsen krachen.

„Man kommt hierher, um Islands wahre Seele zu finden. Die Stille, die Meeresluft, die Legenden – alles ist authentisch. Hier gibt es keine Warteschlangen, keine Eintrittskarten, nur pure Naturgewalt.“

Weniger touristisch als Étretat: Ein Küstenwunder ohne Eintrittsgebühr

Was Arnarstapi von Orten wie Étretat in Frankreich unterscheidet, ist nicht nur die deutlich geringere Besucherzahl, sondern auch der völlig kostenfreie Zugang. Während ähnliche Naturformationen weltweit oft kommerzialisiert werden, bleibt dieses isländische Juwel unberührt und zugänglich für alle.

Die besondere Atmosphäre wird durch die mythologische Dimension verstärkt. Die Statue des halbmythischen Wesens Bárður Snæfellsás erinnert an die isländische Saga, in der er als Beschützer der Region gilt. In anderen Inselregionen wie Tonga findet man ähnliche Schutzgeister-Konzepte, doch Islands Verbindung zwischen Mythologie und Landschaft ist besonders stark.

Am beeindruckendsten ist, wie die natürlichen Formationen mit dem kulturellen Erbe verschmelzen. Der pyramidenförmige Stapafell-Berg im Hintergrund und der majestätische Snæfellsjökull-Gletscher bilden eine Kulisse, die Jules Verne zu seinem Roman „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ inspirierte. Im Gegensatz zum überlaufenen Geirangerfjord in Norwegen bewahrt Arnarstapi seine unberührte Ruhe.

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Der beste Zugang erfolgt über die Straße 574, die durch die Snæfellsnes-Halbinsel führt. Parken ist kostenlos auf dem kleinen Platz nahe dem Hafen. Um das volle Erlebnis zu genießen, planen Sie mindestens 3 Stunden für die Wanderung ein – idealerweise am frühen Morgen, wenn die Lichtverhältnisse für Fotos perfekt sind und die Vogelkolonien aktiv werden.

Die optimale Besuchszeit ist Juni bis August, wenn die Mitternachtssonne für fast 24 Stunden Tageslicht sorgt. Ähnlich wie bei aufstrebenden Reisezielen wie dem Stilfser Joch in Italien erlebt Arnarstapi einen langsamen Wandel vom Geheimtipp zur Instagram-Sensation – besuchen Sie es, bevor es überlaufen wird.

Während der Sommermonate bietet das kleine Fjöruhúsið Café in Hellnar traditionellen isländischen Fisch-Eintopf (Plokkfiskur) und hausgemachten Rhabarberkuchen – ein perfekter Abschluss für die Küstenwanderung. Arnarstapis naturverbundener Tourismus ähnelt dem nachhaltigen Konzept deutscher Nordseeinseln, nur wilder und ursprünglicher.

Als ich mit Emma am Strand stehe, erklärt sie mir begeistert die Formen der Basaltsäulen. „Sie sehen aus wie Riesen, die ins Meer schauen, Papa!“ In diesem Moment verstehe ich, warum die alten Isländer glaubten, dass hier mythische Wesen leben. Arnarstapi ist mehr als ein Ort – es ist eine Schwelle zwischen unserer Welt und den alten Sagas, die hier noch immer in jeder Felsformation, in jedem Wellenrauschen lebendig sind. Wie die Isländer sagen: „Þar sem jörðin mætir himni“ – wo die Erde den Himmel trifft.