Diese deutsche Stadt von 28.000 Einwohnern beschäftigt 10.000 Volkswagen-Mitarbeiter und wird 2025 CO2-neutral

Ich stehe auf einer Betonspur zwischen zwei Welten. Rechts von mir ragt das gigantische Volkswagen-Werk Baunatal auf, eine silberne Kathedrale der Industrie, die 10.000 Mitarbeiter beschäftigt – fast ein Drittel der 28.000 Einwohner dieser Stadt. Links erstrecken sich sanfte grüne Hügel des Habichtswaldes. Dieser scheinbare Widerspruch macht Baunatal so faszinierend: eine Industriestadt, die sich 2025 zum Vorreiter nachhaltiger Mobilität entwickelt, während sie von Natur umgeben bleibt. Dies ist die deutsche Antwort auf Detroit – aber eine mit grüner Zukunft statt industriellem Niedergang.

Die VW-Stadt mit 10.000 Mitarbeitern wird zum E-Mobility-Kraftwerk

Nur 10 Kilometer nördlich von Kassel liegt eine der jüngsten Städte Deutschlands. Baunatal wurde erst 1966 gegründet – durch den Zusammenschluss von sieben eigenständigen Gemeinden. Die Skyline wird dominiert von den weißen Flachdachgebäuden des VW-Werks, das seit Jahrzehnten das wirtschaftliche Rückgrat bildet.

„Das VW-Werk transformiert sich gerade komplett“, erklärt mir ein Mitarbeiter, als ich durch die Stadt spaziere. „Wo früher klassische Autoteile vom Band liefen, entwickeln wir jetzt Komponenten für Elektrofahrzeuge.“ Auf den Dächern der Produktionshallen glitzern neue Solaranlagen, Teil des ambitionierten Plans, bis 2027 CO2-neutral zu produzieren.

Besonders bemerkenswert: Während Freiburg als erste deutsche Stadt ihre Umweltzone abschafft, geht Baunatal einen Schritt weiter. Das Werk installiert gerade 65 neue Ladestationen für Elektrofahrzeuge – zugänglich nicht nur für Mitarbeiter, sondern auch für Besucher. Dies macht Baunatal zu einem wichtigen Knotenpunkt für E-Mobilität in Nordhessen.

Vom Industrieriesen zum grünen Vorreiter: Der unerwartete Wandel

Was Baunatal von anderen Industriestädten unterscheidet, ist das Tempo des Wandels. Ähnlich wie Wismar mit seiner 400-Millionen-Euro Solarproduktion investiert auch Baunatal massiv in erneuerbare Energien. Das VW-Werk kooperiert mit der Universität Kassel für innovative Batterierecycling-Projekte.

„Man merkt den Unterschied. Vor zehn Jahren war die Luft hier anders. Jetzt riecht man den Wald bis zum Werksgelände. Es ist, als hätte die Stadt beschlossen, ihre industrielle DNA mit der Natur zu versöhnen.“

Diese Transformation manifestiert sich auch im Stadtbild. Im Gegensatz zu historisch geprägten Orten wie Coburg mit seiner imposanten Burganlage, definiert sich Baunatal durch modernste Architektur. Im Stadtteil Altenbauna zeigt die charakteristische Nachkriegsarchitektur, wie die Stadt schon immer zukunftsorientiert war.

Besonders auffällig: Im Stadteil Kirchbauna entstehen neue Siedlungen, die Solarpanels und Gründächer kombinieren – ein weiteres Zeichen für den ökologischen Wandel, der hier stattfindet. Der Bau’natt’ische, wie die Einheimischen ihren Dialekt nennen, spricht jetzt von der „Industrieökologie“ – ein lokaler Begriff für diese ungewöhnliche Verbindung.

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Der beste Zeitpunkt, Baunatal zu erkunden, ist der frühe Vormittag, wenn die Schichtwechsel im Werk vorbei sind. Parken Sie kostenlos am Aqua Park und beginnen Sie Ihre Erkundung von dort. Von hier aus erreichen Sie in 15 Minuten zu Fuß den Baunsbergpark Teich – eine versteckte Oase der Ruhe.

Für Wanderliebhaber: Während der Rheinsteig 2025 mit 35% mehr Besuchern rechnet, bleiben die Wanderwege um Baunatal ein Geheimtipp. Der Knickhagen-Weg (Markierung X2) führt durch unberührte Buchenwälder und bietet überraschende Blicke auf das Volkswagen-Werk – Industrie und Natur in einem Bildausschnitt.

Kulinarisch sollten Sie unbedingt das Brauhaus Knallhutte besuchen. Hier wird Bier nach traditionellen hessischen Rezepturen gebraut, während die Küche lokale Spezialitäten wie den „Grünen Käse“ (eine Art Älplermagronen) serviert – perfekt nach einer Wanderung.

Der perfekte Zeitpunkt für einen Besuch

Nach drei Tagen in Baunatal bin ich überzeugt: Der Sommer 2025 ist der ideale Moment, diese Stadt zu erleben. Meine Frau Sarah würde die Kontraste lieben – zwischen den hochmodernen E-Mobility-Displays im VW-Werk und den stillen Morgennebeln über der nahen Fulda, wo wir Blitzschwalben beobachten könnten.

Baunatal ist wie ein gut gehütetes industrielles Geheimnis, das gerade dabei ist, sich neu zu erfinden – nicht als laute Touristenattraktion, sondern als lebendes Labor für nachhaltige Industrie. Es zeigt, wie deutsche Ingenieurskunst und Umweltbewusstsein zusammenfinden können, ähnlich wie ein perfekt abgestimmter Motor – präzise, effizient und mit Blick in die Zukunft.