Diese Bergkette versteckt eine 88 Kilometer lange Militärstraße mit Blick auf drei Länder (nur echte Alpenwanderer kennen diese spektakuläre Route zwischen Himmel und Erde)

Auf dem Grat der Vogesen: Die spektakuläre Route des Crêtes zwischen Himmel und Erde

Eine vergessene Militärstraße wird zum Naturparadies

Während Tausende deutsche Urlauber jährlich ins Elsass strömen, bleibt eines der atemberaubendsten Erlebnisse der Region oft unentdeckt: Die Route des Crêtes. „Als ich das erste Mal auf dem Grand Ballon stand und in drei Länder gleichzeitig blicken konnte, wusste ich, dass ich einen Geheimtipp gefunden hatte“, erzählt Bergführer Pierre Muller. Diese 88 Kilometer lange Panoramastraße, ursprünglich als militärischer Verbindungsweg im Ersten Weltkrieg angelegt, schlängelt sich heute wie eine Serpentine über den Kamm der Vogesen und bietet Ausblicke, die selbst verwöhnte Alpenwanderer ins Staunen versetzen.

Fünf Passhöhen, die selbst Schweizer neidisch machen

Von Cernay bis Sainte-Marie-aux-Mines führt die Route über fünf majestätische Pässe, darunter der berühmte Col de la Schlucht auf 1139 Metern Höhe. „Der Col de la Schlucht ist nicht nur ein Aussichtspunkt, sondern ein Tor zu zahlreichen Wanderwegen für jedes Niveau“, schwärmt Wanderführerin Marie Schneider. Besonders im Frühsommer, wenn die alpinen Wiesen in voller Blüte stehen, bietet sich hier ein Naturschauspiel, das mit der Mythischen Alpenroute konkurrieren kann.

Der Grand Ballon – Wo drei Länder zu deinen Füßen liegen

Mit 1424 Metern bildet der Grand Ballon den höchsten Punkt der Vogesen. An klaren Tagen reicht der Blick vom Schwarzwald über die Schweizer Alpen bis in die elsässische Ebene – ein Panorama, das selbst vielgereiste Bergliebhaber verstummen lässt. Die imposante Denkmalanlage erinnert an die strategische Bedeutung dieses Ortes während beider Weltkriege und verleiht dem Berg eine zusätzliche historische Tiefe.

Versteckte Juwelen jenseits der Hauptroute

Abseits der bekannteren Stopps locken Geheimtipps wie der Gazon du Faing mit seinen sanften Wiesenhängen oder der Col du Bonhomme mit seinem unverfälschten Bergdorfcharme. Diese weniger frequentierten Orte bieten eine willkommene Ruhe und erinnern an versteckte alpine Bergdörfer, die noch nicht vom Massentourismus entdeckt wurden. „Hier kann man noch das authentische Leben der Bergbauern erleben“, verrät eine lokale Käseproduzentin.

Fermes-auberges: Kulinarische Zeitreise in die Vogesenbauernküche

Ein Highlight jeder Tour sind die traditionellen Fermes-auberges – Bergbauernhöfe, die regionale Spezialitäten servieren. Die Münsterkäse-Variation und der berühmte Flammkuchen schmecken nirgendwo authentischer als hier, wo sie seit Generationen nach Familienrezepten zubereitet werden. Diese rustikalen Gaststätten, oft in Jahrhunderte alten Gebäuden untergebracht, bieten nicht nur Gaumenfreuden, sondern auch einen Einblick in die Weinkultur und lokale Küche der Region.

Übernachten zwischen Sternen und Gipfeln

Die Unterkünfte entlang der Route reichen von charmanten Berghotels bis zu authentischen Gästezimmern in traditionellen Vogesenhäusern. Besonders reizvoll sind die Übernachtungsmöglichkeiten in den mittelalterlichen Dörfern im Rhône-Tal, die mit ihren Fachwerkhäusern und kopfsteingepflasterten Gassen eine Zeitreise ermöglichen. „Nichts kommt dem Gefühl gleich, morgens mit Blick auf nebelverhangene Gipfel aufzuwachen“, schwärmt Hotelier Jean Dietrich.

Die optimale Reisezeit: Ein Naturkalender der Jahreszeiten

Während die Route von Mai bis Oktober befahrbar ist, hat jede Jahreszeit ihren eigenen Zauber: Frühling bringt Wildblumen, Sommer lockt mit angenehmen Temperaturen für Wanderungen, Herbst verzaubert mit goldenen Buchenwäldern, und Winter verwandelt die Passhöhen in ein Skilanglauf-Paradies – vorausgesetzt, die Straßen sind nicht schneebedeckt und gesperrt.

Mit deutscher Gründlichkeit: Die praktische Anreise

Die Anreise gestaltet sich für deutsche Besucher denkbar einfach. Von Freiburg sind es knapp 90 Minuten bis zum nördlichen Einstiegspunkt. Wer nachhaltiger reisen möchte, nutzt die Zugverbindungen nach Colmar oder Sélestat und steigt dort auf den sommerlichen Panorama-Shuttle um, der bis zum Col de la Schlucht verkehrt.

Die Route des Crêtes heute: Zwischen Vergangenheit und Zukunft

Was einst als militärische Notwendigkeit begann, ist heute ein Paradebeispiel für nachhaltigen Tourismus. Die Region setzt zunehmend auf umweltfreundliche Mobilität, lokale Wirtschaftskreisläufe und den Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaft. Diese Balance macht die Route des Crêtes zu einem Vorbild für moderne Bergtourismuskonzepte in ganz Europa.

Ein deutsch-französisches Versöhnungssymbol unter freiem Himmel

Die Route des Crêtes in den Vogesen bietet eine einzigartige Mischung aus Natur, Kultur und Abenteuer. Sie ist mehr als nur eine Panoramastraße – sie symbolisiert die Versöhnung zweier Nationen, deren kriegerische Vergangenheit heute einer gemeinsamen Zukunft gewichen ist. Wo einst Soldaten marschierten, wandern heute Naturfreunde aus aller Welt und entdecken eine der faszinierendsten Berglandschaften Europas – ein lebendiges Beispiel dafür, wie Geschichte und Natur zusammen ein unvergessliches Reiseerlebnis schaffen können.