Weniger bekannt als Dubrovnik, diese kroatische Stadt von 176.314 Einwohnern lebt in 1700 Jahre alten Palasträumen

Die Sonne gleitet über die schimmernden Kalksteinmauern, während ich durch den Westeingang in Splits Diokletianpalast eintrete. Es ist 7:30 Uhr, und bereits spüre ich, wie 1700 Jahre Geschichte um mich herum atmen. Split ist kein gewöhnliches UNESCO-Weltkulturerbe – es ist das einzige seiner Art weltweit, wo 40-50% der Altstadt aus antiken römischen Strukturen bestehen, die noch immer bewohnt werden.

Mit seinen 176.314 Einwohnern bietet diese kroatische Küstenstadt etwas, das selbst Rom nicht kann: einen intakten römischen Palast, der nicht als Museum konserviert wurde, sondern als lebendiger Organismus weiteratmetet. Statt staubiger Ruinen finde ich hier Menschen, die zwischen Säulen aus dem 4. Jahrhundert ihren Morgenkaffee genießen.

Die einzige Stadt der Welt, wo ein antiker Palast als Wohnraum dient

Anders als in Rom, wo antike Stätten hinter Absperrungen bewundert werden, bilden hier 40% der historischen Gebäude das tägliche Lebensumfeld der Einwohner. Während ich durch enge Gassen schlendere, sehe ich Wäscheleinen, die zwischen 1700 Jahre alten Säulen gespannt sind.

Der Diokletianpalast wurde ursprünglich als Altersruhesitz für den römischen Kaiser Diokletian erbaut. Nach seinem Tod im Jahr 316 n. Chr. übernahmen im 7. Jahrhundert Flüchtlinge aus dem nahegelegenen Salona den verlassenen Komplex und verwandelten ihn in eine Stadt. Ähnlich wie in Assisi in Italien, wo spirituelle Geschichte bewahrt wurde, hat Split sein historisches Erbe lebendig gehalten.

Ich biege in den Peristyl ein, das ehemalige Zeremonialzentrum des Palastes. Hier sitzt ein älterer Mann auf einer antiken Steinstufe und spielt Gitarre. Die perfekte Akustik, geschaffen durch römische Ingenieurskunst, verstärkt jeden Ton. Im Sommer 2025 wird dieser Platz zum Schauplatz des Peristyle Musikfestivals – ein kulturelles Highlight, das antike Architektur mit zeitgenössischer Musik verbindet.

Warum Split sich von Rom unterscheidet: Leben im architektonischen Museum

In Rom stehen die antiken Bauten isoliert vom modernen Leben. In Split hingegen verschmelzen sie zu einem harmonischen Ganzen. Ein Kaffeehaus lehnt sich an eine römische Säule, ein Juweliergeschäft nutzt einen ehemaligen Tempelraum, eine Familie bewohnt ein mittelalterliches Haus mit römischem Fundament.

Im Gegensatz zu überlaufenen Orten wie Oia in Santorini, das täglich von Touristenmassen überschwemmt wird, hat Split einen nachhaltigeren Weg gefunden. Der Tourismus wächst zwar – US-Besucher stiegen 2025 auf über 260.000 bis Mitte Juni – doch die Stadt behält ihren authentischen Charakter.

„Wir leben nicht in einem Museum, das Museum lebt in uns. Jeder Stein hat eine Geschichte, die wir täglich weiterschreiben. Man kann nicht verstehen, wie besonders das ist, bis man morgens aufwacht und seinen Kaffee neben einem römischen Bogen trinkt.“

Dieses Gleichgewicht zwischen Vergangenheit und Gegenwart macht Split einzigartig. Während ich durch den Untergrund des Palastes wandere, jetzt mit Boutiquen und Kunsthandwerkläden gefüllt, verstehe ich, warum diese Stadt anders ist als alle anderen historischen Stätten, die ich je besucht habe.

Insider-Tipps: Die perfekte Route durch den lebendigen Palast

Besuchen Sie den Palast früh morgens vor 9 Uhr oder nach 18 Uhr, wenn die Tagestouristen verschwunden sind. Der beste Eingang ist das Westtor (Eisentor), von wo aus Sie direkt zum zentralen Peristyl gelangen können, ohne sich in den Gassen zu verlieren.

Von Split aus können Sie auch einen Tagesausflug nach Mostar unternehmen, wo eine historische Brücke zwei Kulturen verbindet. Die Fähren zu den umliegenden Inseln wie Brač und Hvar verkehren im Sommer stündlich und bieten perfekte Kombinationen aus Wanderungen und Kultur.

Für ein authentisches kulinarisches Erlebnis besuchen Sie die Konoba-Restaurants abseits der Hauptplätze. Hier kostet eine traditionelle Peka-Mahlzeit (langsam gegartes Fleisch unter einer Eisenglocke) etwa 20-25 Euro – deutlich weniger als in den touristischen Etablissements.

Während die Abendsonne den Kalkstein in goldenes Licht taucht, setze ich mich auf eine der antiken Stufen am Peristyl. Meine Frau Sarah würde die Lichtverhältnisse hier lieben – perfekt für ihre Fotografie. Unsere Tochter Emma wäre fasziniert von den Katzen, die zwischen römischen Säulen umherschleichen, als wären diese ihr persönlicher Spielplatz durch die Jahrtausende.

In Split verschmelzen Vergangenheit und Gegenwart wie die dalmatinische „fjaka“ – jene entspannte Gelassenheit, die die Einheimischen so perfekt beherrschen. Man muss nicht nach Rom reisen, um römische Größe zu erleben; hier in Split lebt sie weiter, nicht als Relikt, sondern als pulsierende Gegenwart.